Das Emmett-Phänomen

Wer schon einmal einen Welpen hatte, kennt das: Die Zeit rennt an einem vorbei. War Nadira nicht erst vor ein paar Tagen hier angekommen? Nö, es waren tatsächlich vier! Wochen. Boah! Also nehme ich das – opportunistisch, wie ich bin – als wundervolle Entschuldigung, warum dieser Beitrag nicht früher kam.

Nachdem ich mir also quasi eine Dispens verschafft habe, ein kurzer Abriss, wie es den Mäusen geht: GUT! Reicht nicht? Ok, dann etwas ausführlicher:

Nadiras Verhalten hat sich wieder im Norm-Bereich eingependelt. Sie ist nicht mehr ganz so brav, aber weit davon entfernt uns in die Verzweiflung zu treiben. Meistens ist sie zuckersüß, ist geradezu zärtlich und liebevoll und gehorcht auf’s Wort. Nur manchmal frisst sie Schuhe (nur die Gummiklogs aus dem Garten oder Hausschuhe …) und wenn es dann mit ihr durchgeht, nagt sie meistens an Papa-Bär Emmett herum, nur noch selten an uns. Also ganz einfach: Süßer Welpe!

Emmett ist nach wie vor Chef, Papa, Trainer, Erzieher und Spielpartner. Und er macht das wirklich toll. Sein Glück, dass er „Hunde-Judo“ beherrscht und Nadira recht schnell auf’s Kreuz legen kann. Noch! Nachtrag zu Nadira: Sie wächst weiter, armer Emmi.

Dori geht in ihrer Mutterrolle auf und lernt langsam aber sicher „Collish“. Den Begriff habe ich mal wieder erfunden. Aber Tatsache ist eben auch, dass Kooiker und Collie tatsächlich einen etwas anderen Dialekt von Hund sprechen. Dori macht das schon sehr gut, reißt Ihre Schnute weit auf, grunz-knurrt mit Nadira im Chor und dann nagen sie sich gegenseitig an Nasen und Schnute herum. Wir vermessen Doris Nase täglich. Wird sie länger, haben wir wohl ein Problem.

Mimi ist und bleibt Mimi. Passt ihr etwas nicht, wird sie kurz fuchtig. Sie schläft etwas mehr als die Anderen und manchmal überkommt sie plötzlich der Schalk und sie spielt einen der anderen Drei an, meistens Emmett. Gesundheitlich ist sie eher besser unterwegs, als es Alter und durchgemachte OPs schließen lassen würden. Schön! Weiter so!

Aber jetzt zum Emmett-Phänomen. Die Bezeichnung stammt natürlich mal wieder von mir, aber wir waren uns ja einig, dass das Erfinden von Namen und Worten voll mein Ding ist. Oder?

So, jetzt aber: Das Emmett-Phänomen ist im Grunde genommen nichts anderes als das Gegenteil vom Welpenkoller, der übrigens nahezu zeitgleich bei der Familie von Nadiras Schwester auftrat.

Emmett wurde uns ja sehr negativ geschildert. Wir waren also auf einen aggressiven, vielleicht sogar bissigen Rüden eingestellt. Die recht häufig im Internet zu findenden Kooiker-Rüden, mit ähnlich beschriebenem Verhalten, nährten diese Befürchtungen natürlich. Dann kam Emmett zu uns und das Fehlen der beschriebenen, negativen Eigenschaften überraschte uns positiv, was unsere Einstellung ihm gegenüber natürlich positiv überhöhte. Auch das hat sicher dazu beigetragen, dass es Emmett leichter hatte sich einzugewöhnen und angenommen zu werden. Also: wie schon geschrieben, ist das Emmett-Phänomen quasi das Gegenteil vom Welpenkoller.

In der Kognitions-Psychologie nennt man das „Priming“. Schon in den späten Sechzigern und vermehrt in den Siebzigern wurden „kognitive Verzerrungen“ wie diese in der Werbung eingesetzt. Heute wird es langsam aber sicher zum Problem, denn es gibt fast Niemanden, der sich scheut diese Tricks in den sozialen Medien, insbesondere in den sogenannten sozialen Echokammern einzusetzen. Den Erfolg sehen wir spätestens seit 2015. Angefangen mit der Flüchtlingsdebatte, über die Pandemie bis zum Ukraine-Krieg, haben von Putin bezahlte Leute nahezu alles versucht, Europa zu destabilisieren. Ich reagiere auf diese vorgefassten Meinungen, aber vor allem auf die von allen Seiten geteilten Posts, Bilder und Geschichten zu den o.g. Themen überaus allergisch.

Jedenfalls gilt eines: Verändere ich Deine Einstellung, zum Beispiel in dem ich Dir ein und die gleiche Message nur oft genug, leicht abgewandelt präsentiere (zusätzlich „Wahrheitseffekt“ also Tendenz, wiederholt gemachte Aussagen eher zu glauben als einmal genannte), wirst Du alles, was halbwegs dazu passt, sofort dementsprechend einordnen und Deine Voreinstellung wird sich verstärken. Geschieht etwas Gegenteiliges, wirst Du es entweder nicht glauben oder den Unterschied als erheblich stärker empfinden. Priming ist die – wohlgemerkt etwas vereinfachte – Erklärung für Welpenkoller und Emmett-Phänomen. „By the way“, ist Emmett wirklich phänomenal.

Priming ist übrigens nur eine von vielen kognitiven Verzerrrungen. Werbetreibende, Politik, fremde Nationen und auch Betrüger nutzen heute viele dieser Möglichkeiten. Passt also auf Eure Gehirne auf, sie sind leider recht einfach zu täuschen. Wer mehr darüber erfahren will, hier ein Buchtipp (auch für Laien recht gut lesbar und überaus interessant):

Daniel Kahneman; „Schnelles Denken, langsames Denken“. (Link zu Thalia)

So, ich geh jetzt den Welpen knuddeln. Gehabt Euch wohl, bis demnächst auf dieser Website!

Hinterlasse einen Kommentar