Wer hat Angst vor’m bösen Emmett

Also Martin nicht! OK, Ihr braucht jetzt wohl etwas Kontext:

Nachdem Emmett sich hier gut wieder-eingelebt hat, mussten wir natürlich mal schauen, wie Emmett auf Besuch reagiert. Da passte es sich sehr gut, dass am Montag und Dienstag ein Kumpel vorbeischauen wollte, um mir beim Kürzen einiger Bäume zu helfen. Am Wochenende messengerte (ich glaube ich habe gerade ein Wort erfunden) ich besagten Kumpel (Martin) an, um ihn von unserem Neuzugang in Kenntnis zu setzen und ihn auf sein grausames Schicksal vorzubereiten. Nachdem Martin ein wenig auf unserer Homepage gelesen hatte, erklärte er sich gerne und selbstverständlich und dankenswerterweise zu diesem gefährlichen Experiment bereit.

Am Montag Morgen fing ich Martin vor unserem Haus ab und wir gingen ruhig in den Garten. Dann durften unsere Mädels zu ihm und sich beknuddeln lassen. Tina folgte mit Emmett an der Leine. Natürlich zog Emmett wie verrückt und natürlich kläffte er auch laut, aber kaum bei Martin angekommen, schnüffelte er ihn ab und ließ sich nach weniger als einer Minute sogar problemlos streicheln.

Ich muss hier der Vollständigkeit halber erwähnen, dass Martin auf niederträchtige Weise betrog, indem er Emmett ein frisch geschnittenes, kurzes Stück Ast überließ. Der freute sich natürlich riesig und lief damit mächtig stolz durch den Garten, bevor er sich irgendwo niederließ und genüsslich auf dem Ast herumkaute. Am Dienstag probierten wir es anders herum. Die Mädels und Emmett waren schon im Garten und Martin und ich kamen dazu. Wieder stieg Emmett kräftig in die Leine und bellte laut, aber nur bis er zu Martin durfte. Die beiden sind jetzt dicke Kumpels.

Martin konnte sich zu jeder Zeit frei im Garten bewegen, egal ob ich in der Nähe war oder nicht. Mir ist klar, dass so etwas im Haus nochmal eine andere Nummer ist, aber diese ersten Erfolge stimmen mich hoffnungsfroh. Es könnte also möglich sein, Emmett die schlimmsten Marotten abzugewöhnen, auch wenn ihm diese konsequent inkonsequent über drei Jahre angewöhnt worden sind.

Wir hatten also unseren ersten Besuch erfolgreich überstanden. Aber kaum war das geschafft, fiel Emmett auf aggressivste Art und Weise über mich her. Auf dem ersten Foto könnt ihr sehen, wie es begann und Emmett mir in die Hand biss. Vor Schmerzen schreiend warf ich mich auf ihn und versuchte ihn niederzuringen.

Lange war nicht klar, wer die Oberhand gewinnen würde. Polizei, Rettungswagen, Feuerwehr und natürlich die Bundeswehr wurden gerufen, um diesen Titanenkampf zu beenden, doch schließlich obsiegte der kampferprobte Hundezüchter, indem er den Hund in einen Würgegriff nahm und somit jede Gegenwehr erstickte. Deutlich ist auf dem zweiten Bild auch zu sehen, wie sehr dieser Kampf Mensch und Hund zugesetzt hat.

Ihr glaubt mir nicht? Dabei habe ich mir solche Mühe mit dieser überaus realistischen Beschreibung gegeben. Also gut, ja, wir haben gespielt, geknuddelt und geschmust! So, jetzt wisst ihr es. Aber das macht mit Emmett eben auch einen Riesenspaß, zumal er so zart ist und selbst wenn er mal ein wenig zu heftig nagt, reicht ein einfaches „Aua“ und er lässt sofort nach und beginnt den „Gegner“ ganz zart und langsam abzuschlecken.

Ich habe mich übrigens sehr gefreut, dass der letzte Bericht bei (fast) allen Lesern so gut angekommen ist. Vor allem auf Facebook gab es zahlreiche „Likes“ und viele Kommentare, deren einhelliger Tenor Zustimmung zu dem Geschriebenen war. Dass die bisherige Familie von Emmett dieses nicht so sehen würde, war mir von vornherein klar. Das aber auf eine Aneinanderreihung von Fakten (zugegeben etwas flapsig geschrieben) eine so völlig unangemessene Reaktion kam, überraschte mich doch ein wenig. Die ca. drei Seiten lange Mail ließ sich thematisch in drei Abschnitte gliedern:

  • „Ihr seid an allem schuld, an uns lag es nicht!“
  • Untermauerung obiger Aussagen durch (vorsichtig ausgedrückt) alternative Fakten.
  • Ein paar Hinweise auf die wahren Gründe der Abgabe

Die ersten beiden Punkte verwundern nicht. Natürlich neigt der Mensch dazu, sich zu rechtfertigen und die Heftigkeit der Rechtfertigung zeigt meistens, dass da doch so etwas wie Gewissen ist. Was mich aber besonders bedrückt, ist der letzte Punkt. Wir haben ja deutliche Hinweise darauf, dass Emmett nicht aggressiv ist. Vor allem zu Hause ist er ein Schatz, ein Knuddel, ein Schmuser, der seine Menschen liebt und eigentlich nur dafür sorgen möchte, dass seinen Menschen nichts geschieht. Und auch wenn dieses laut und aufbrausend geschieht, ist es doch der mangelnden Erziehung anzulasten und nicht dem bösen Hund vom bösen Züchter, der genau wusste, dass sich dieses acht Wochen alte Fellknäuel zu einem Menschenfresser entwickeln würde.

Warum es der letzte Punkt ist, der mich wirklich schockiert? Man muss in dieser Mail nicht mal zwischen den Zeilen lesen. Da steht ganz klar, dass Emmett einfach nicht den Erwartungen entsprach. Man wollte einen gesellschaftsfähigen Hund, der vielleicht sogar zusätzliche soziale Kontakte schaffen würde. Und man fand es fürchterlich und beschämend, dass man von anderen Menschen auf Emmetts „aggressives“ Verhalten angesprochen wurde.

Ja, Emmett wird schnell sehr laut. Ja, Emmett steigt schnell mal in die Leine und es kostet viel Kraft, ihn dann zu halten. Aber wie kann man ein unschuldiges Wesen derart im Stich lassen, nur weil Andere einen komisch anschauen oder ansprechen? Wir Hundebesitzer kennen doch den Typ Mensch, der meint, er würde das Verhalten unseres Hundes besser beurteilen können. Ganz ehrlich, wer einen Arsch in der Hose hat, setzt sich auf diese Äußerungen und knuddelt dafür um so heftiger mit seinem Hund.

Ich schäme mich in Grund und Boden für das, was ich Emmett angetan habe. Ich schäme mich, dass mir nichts aufgefallen ist, ich schäme mich dafür, dass ich ihm diese drei Jahre zugemutet habe. Und das schreibe ich nicht, um seine bisherige Familie zu diskreditieren und schon gar nicht, um später in Kommentaren zu lesen, wie toll ich bin und dass ich gar nix dafür kann. Ich schäme mich und das wird sich so schnell auch nicht ändern.

Insofern werden mich Menschen, die Interesse an Emmett haben, erst mal davon überzeugen müssen, dass sie wirklich das RICHTIGE für Emmett sind und dass sie all seinen Macken mit Gelassenheit entgegensehen. Übrigens das Einzige was hier wirklich hilft.

Ein Satz aus dieser Mail allerdings machte mich froh und ich hoffe, dass der wenigstens der Wahrheit entspricht und endgültig ist. Es stand nämlich zu lesen, dass man nichts mehr mit uns zu tun haben wolle. Bitte, gerne, wir bauen darauf.

Salli

PS: Interessenten finden alles wissenwerte nochmal auf Emmetts Seite.

3 Kommentare

  1. Wieder einmal sehr schön geschrieben.
    Wenn ich das so lese, erinnert es mich an unser Hondje, Paulo. Auch er hat die Angewohnheit ab und an mal sehr laut zu werden und in die Leine zu gehen um andere Hunde anzupöbeln.
    Aber um nichts in der Welt würde ich meinen kleinen Herzensbrecher wieder her geben.
    Sollen die Leute doch reden.
    Ich wünsche Emmet, dass er die beste Familie überhaupt findet, denn er hat es mehr als verdient, der hübsche Kerl.

  2. Hallo, es ist so schön zu lesen, wie Emmett sich bei Euch einlebt. Ich lese Eure Berichte immer mit sehr viel Vergnügen und muss öfter herzhaft Lachen. Ich hoffe Emmett kommt in so ein tolles Zuhause, wie er es jetzt gerade bei Euch hat. Ich drücke Ihm ganz doll die Daumen.

  3. Ich wünsche Emmett eine ganz wundervolle liebe Familie. Es ist wirklich wundervoll geschrieben und erinnert mich sehr an unseren Charlie. Weltbester Hund, treuster Begleiter, Spielkamerad meiner Kinder und mein Seelenfreund. Schade, dass manche Menschen die Bedürfnisse anderer Lebewesen nicht respektieren. Sie tun mir im Grund leid.

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