Der Welpenkoller

Hurra, ich habe mal wieder ein Wort erfunden, „Welpenkoller“! Bis gestern habe ich nicht mal gewusst, dass so etwas existiert und heute vergebe ich schon einen Namen dafür, bin ich nicht toll? Nein, bin ich nicht. Denn was so schön klingt, ist eigentlich ziemlich doof. Doof, weil mich mein „Hunde-Vorleben“ irgendwie nicht darauf vorbereitet hat und Tina eben auch nicht. Außerdem kann es jedem passieren und in Ansätzen werden es viele von Euch kennen. Was also ist der „Welpenkoller“?

In meinem letzten Beitrag habe ich beschrieben, wie Nadira Emmett auf die „Dingsda“ gegangen ist und wie toll er das geregelt hat. Leider hielt Emmetts Ansage gerade mal 24 Stunden. Will heißen: Die kleine, zuckersüße Nadira ging uns allen am Mittwoch mächtig auf den „Soundso“. Sie zwickte uns und die anderen Hunde, versuchte alles zu zerstören, was ihr zwischen die Pfoten kam, egal ob draußen oder drinnen und wir verzweifelten von Minute zu Minute mehr. „Oh Gott, was soll bloß werden? Wie wird das in einem Jahr aussehen, was ist, wenn wir das nicht in den Griff kriegen?“

Ich gehe sicher davon aus, dass Nadira und auch die Kooiker unsere Sorgen und unsere Verzweiflung deutlich gespürt haben – sensibel und emphatisch genug sind die beiden Rassen ja wohl – und dass das die Kooiker noch verzweifelter gemacht hat und Nadira noch nervöser. Welpe, Wachstumsschub, verzweifelte Menschen, verzweifelte Vierbeiner, da ist die Übersprungshandlung nahe und der süßeste Welpe wird zum Piranha.

Was aber hat uns so in die Verzweiflung getrieben? Haben wir unsere wundervolle Smilla vielleicht doch zu sehr im Hinterkopf gehabt? Hat sich nach zweieinhalb Wochen, „eingesperrt“ mit vier Hunden dann doch irgendwann ein Lagerkoller entwickelt? Wahrscheinlich von allem ein wenig und bestimmt noch mehr Sachen, auf die ich noch gar nicht gekommen bin. Mittwoch Abend war ich am Ende und drehte fast am Rad. Die Luft war so feucht-warm, dass jede Fläche, die nur etwas kühler war als 20°C sofort beschlug und die Mücken waren sogar noch gefräßiger als Nadira. Es war schlichtweg zum Kotzen!

Was psychologisch dahinter steckt, beleuchte ich im nächsten Beitrag. Aber eines ist klar: Hast Du in so einer Situation keinen guten Hundetrainer, bist du aufgeschmissen, ganz egal wie viele Jahrzehnte Hundeerfahrung du hast.

Gottseidank hatten wir mit Birgit schon zuvor für Donnerstag Mittag einen Termin gemacht, eigentlich am See, aber das änderten wir, erstens weil wir hier Hilfe brauchten und zweitens weil ziemlich heftige Unwetterwarnungen für unsere Region ausgegeben worden waren.

Also kam Birgit zu uns, schaute sich die Bande einige Minuten an und beglückwünschte uns zu unseren tollen Hunden. „Hä? Was?“ Birgit führte weiter aus, dass Nadira voll in unserem Rudel angekommen sei und dass es viel einfacher sei, beim Welpen ein paar Verhaltensänderungen zu erreichen, als Probleme zwischen den Hunden aus der Welt zu schaffen. „Ah!“

Ungefähr ein halbe Stunde und ca. fünf wichtige Tipps (nebst zahlreichen Motivationen für Frauchen und Herrchen) später waren wir wieder voll auf Spur und uns sicher, dass wir das problemlos hinkriegen würden. Aus heutiger Sicht fühlt es sich ein bisschen so an, als hätte Birgit den Welpen heimlich ausgetauscht. Und das einfach nur durch etwas mehr Konsequenz, etwas mehr Körpersprache und einer anderen Einstellung zu unseren Hunden, der Situation und zu uns selbst.

Von den psychologischen Hintergründen mal ganz abgesehen gilt für mich nach wie vor: Egal wie viel Hundeerfahrung man hat, man wird irgendwann betriebsblind und sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr. Da hilft nur, dass jemand von außen draufschaut. Danke Birgit.

Seit Donnerstag ist Nadira also ein Schatz, macht (fast) alles richtig, gehorcht (so ziemlich) auf’s Wort, ist zärtlich und macht rein gar nichts mehr (Abwarten!!!) kaputt. Na siehst’e, geht doch. Auch die Interaktion zwischen den vier Schnuffelnasen ist deutlich entspannter.

Fassen wir also zusammen: Ein guter Hundetrainer ist wichtig, egal wie viel Hundeerfahrung du hast. Du beeinflusst die Einstellung und die psychische Verfassung deines Hundes. Deine „Vibes“ (mein Gott, wie neuhochdeutsch) spürt Dein Hund genau! Schraube Deine Erwartungen an Deinen Hund eher nach unten, dann ist mehr Platz für positive Überraschungen.

Was mich aber eigentlich am meisten schockiert ist, wie viele Gedanken ich mir im Vorfeld über genau dieses Thema gemacht habe und wie wenig das wirklich genutzt hat. Verdammte Axt! Aber wir sollten die Fehler von gestern nicht verdammen, sondern sie zu unseren Beratern von morgen machen. In diesem Sinne, ich melde mich wieder. Passt bis dahin auf Euch auf.

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