Es ist schwierig…

Es ist schwierig, ziemlich schwierig sogar, bei Emmett irgendeine Form von aggressivem Verhalten zu finden. Gestern hat uns ein weiterer Freund besucht und mit mir ein wenig gebastelt. Jörg war über fünf Stunden bei uns (nach Schnelltest) und das größte Problem war, jedesmal wenn Jörg auf dem Fußboden hockte, Emmett davon abzuhalten, ihm die Nase ins Ohr zu stecken. Außerdem war Emmett natürlich mega-neugierig, was wir da so alles machen (ich habe den Verdacht, er will auch mal Schrauben, Bohren oder Ähnliches).

Zu allem Überfluss hat es gestern noch recht heftig bei uns gewittert. Das hat Emmett ungefähr so berührt, wie das Eierlegen einer Wanderameisenkönigin in Zentralafrika, also gar nicht.

Dann ist Tina mit ihm spazieren gegangen. Nachbarin getroffen. Zwanzig Minuten Kuscheln. Weitergehen. Zwei große Schäferhunde in fünfzig Meter Entfernung entdecken. Einen Lauten machen und heftig an der Leine ziehen. Weitergehen. Sofortiges Beruhigen. Hmh?!?!

Aggressiver geht er vor, wenn ich mich auf dem Boden auf die Seite lege. Schnell wie der Blitz kommt er angerannt und legt sich mit dem Rücken an meinen Bauch. Drei Minuten später beginnt er ganz ruhig zu atmen und schläft überaus aggressiv neben mir ein.

Sorry, dass ich so häufig dieses A-Wort benutze, aber ich finde es so überaus schäbig, dass seine frühere Familie ihn mit diesem Wort beschrieb und so viele Gelegenheiten hat liegenlassen, ihn vernünftig zu erziehen. So etwas ist weit mehr als verantwortungslos. In Vorbereitung auf seine Ankunft hatten wir sogar einen Gitter-Maulkorb bestellt, damit ja nichts passiert. Gottseidank haben wir ihn in der Originalverpackung gelassen und zurückschicken können. Die Rücksendung hat zwar etwa drei Euro gekostet, aber ehrlich: Sch… drauf!

Zur Zeit liegt Emmett übrigens auf dem Sofa und versucht aggressiv, aber vergeblich, seine Augen offen zu halten. Ein wenig mimosenhaft ist übrigens seine Einstellung zu nassem Gras. Lieber eine ganze Nacht aufhalten, als eben nochmal im Garten ein letztes Pippi, wenn das Gras zu feucht ist. Dann steht er demonstrativ auf der Terrasse, mit Blick zur Terrassentür.

Aber ich will nicht verhehlen, dass es nicht nur einfach und problemlos mit ihm ist. Wann immer seine Erregung (feindliche Vögel im Garten; gibt gleich Futter; es geht gleich raus; Besuch im Flur oder im Garten; etc.) eine gewisse Schwelle übersteigt, fängt er sehr laut an zu bellen. Das kann schon mal nerven und je nachdem wie der Raum beschaffen ist (z.B. wenig Stoff, wie in einer Küche), tut es schon fast weh. Und natürlich bringt der Anblick von zwei Schäferhunden in fünfzig Metern Entfernung ihn dazu, an der Leine zu zerren, dass man das Gefühl hat, hinter einen Trecker gespannt worden zu sein.

Nachdem man diese Verhaltensweisen über drei Jahre toleriert oder sogar noch gefördert hat, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder man beginnt mit einer konsequenten Erziehung, die nur sehr langsam Effekte erzielt und ein jahrelanger Prozess sein wird, oder man deklariert den Hund als agg…
Ja, ich hör schon auf. Ich weiß, dass Euch das Wort langsam zum Halse heraushängt, aber so etwas lässt mich einfach nicht kalt.

Sonst ist hier eigentlich alles beim Alten. Emmett bringt bisher im Rudel sehr wenig durcheinander. Alle verstehen sich gut und manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass die Kommunikation zwischen den Vierbeinern eher besser wird. Emmett hat inzwischen zu allen ein gutes Verhältnis und das stärkt das Rudel eher. Wenn er allerdings drauf los poltert, machen die anderen natürlich mit. So what! Ist halt ein bisschen laut, Ohrstöpsel gibts bei Ama-dingsda für ’n Appel und ’n Ei und das Zeugs ist auch noch bis morgen da, wenn ich es innerhalb der nächsten soundso Stunden bestelle. Dann kann unser Neuzugang so viel (R)Emmidemmi veranstalten wie er will.

Nach sechs Wochen lässt er das Betteln am Tisch übrigens fast sein. Ich wette, es hat weniger als eine Woche gedauert, ihm das beizubringen. Nach Adam Riese müssten wir also achtzehn Jahre investieren, um die Fehler der letzten drei Jahre auszubügeln. Na dann: Auf in den Kampf!

Salli

One Comment

  1. Einfach schön. Emmet ist wie Flynn. Alles was du beschreibst kennen wir. Wenn ich deine Texte lese, schwanke ich zwischen extremen Gefühlen. Große Zuneigung zu Emmet und Respekt vor euch und gleichzeitig Wut auf die Vorbesitzer. Wenn dann noch die unverwüstlichen Gutmenschen auf FB Verständnis aufbringen und unterstellen, dass die Vorbesitzer ja verantwortungsvoll handelten, wenn sie Emmet euch gaben und wenn unterstellt wird, dass sie sich aus Scham und Trauer nicht mehr melden, dann platze ich vor Wut. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass ihr Emmet weitergeben werdet……

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