Kapitel III

[one-half][dropcap]E[/dropcap]s ist nicht möglich, einen Krieg zu gewinnen. Das einzige, was man versuchen kann, ist die Verluste niedriger zu halten als beim Gegner. Betrachten wir nur die Zeit, in der die Geschichte in diesem Buch spielt, finden wir keinen einzigen Krieg, der einer der kriegführenden Nationen auch nur den geringsten Vorteil gebracht hätte. Länder wurden besetzt und zurück erobert, in Friedensverträgen aufgeteilt oder neu zusammengesetzt, danach wieder geteilt oder durch Bürgerkriege zerrissen. Aber durch all diese Auseinandersetzungen zieht sich ein Faden und der ist rot, blutrot.

Aber jeder Krieg, jede Diktatur, egal wie brutal, bringt auch immer besondere Menschen hervor. Manchmal sind es Menschen, zu denen wir heute noch aufschauen können, oft aber winzige Randnotizen der Geschichte. Dabei sind es genau die Ereignisse in diesen Randnotizen, die zeigen, dass die Menschheit nicht ganz verderbt ist, zerfressen von Neid und infiziert vom Fieber des Blutvergießens.

Es sind die Augenblicke, in denen sich die Gegner im eingeschlossenen Stalingrad über eine kurze Feuerpause einigen, um Verletzte zu bergen oder Toten die letzte Ehre zu erweisen. Es ist die Rührung und das Heimweh, dass die österreichischen Soldaten im 1.Weltkrieg empfanden, als sie in den mörderischen Schlachten der Mineure in den Dolomiten den wunderschönen Chorgesang der Italiener hörten.

Es sind die Geschichten von Menschen, die andere aus Trümmern geborgen haben oder mit einer Wassergasse über 20.000 Menschen die Flucht aus einem Feuersturm ermöglichten.Aber es sind auch die kleinen Geschichten über Menschen, die sich vom Morden und Blutvergießen auf der Welt nicht unterkriegen ließen und unbeirrt ihren Weg gingen.
Da war zum Beispiel der Rosenzüchter aus der Braunschweiger Umgebung, der sich mit dem wichtigsten aus seinem Hab und Gut[/one-half][one-half last] auf die Reise nach Osten machte, zu seinem Bruder nach Brandenburg. Nicht viel war ihm geblieben, sein Haus von einer Fliegerbombe zerstört, seine Gewächshäuser zertrümmert. Nur einige seiner Rosen konnte er retten, ein wenig Kleidung, ein paar Briefe und somit die Adressen anderer Rosenzüchter überall auf der Welt.

Und da ist die Geschichte der Baronesse von Hardenbroek van Ammerstol, die mitten in einem Weltkrieg eine uralte Hunderasse wieder zum Leben erweckte. Sie suchte unermüdlich nach den letzten Nachfahren des Kooikerhondje und brachte Ende 1942 ihren ersten Wurf Kooikerwelpen auf die Welt. Und während des Krieges wurden noch weitere Würfe auf die Welt gebracht. Insgesamt waren es bis zu acht Würfe von Kooikerhondjes, die während der Wirren des Krieges das Licht der Welt erblickten. Am Ende des Krieges war eine alte Hunderasse wieder auferstanden und das Kooikerhondje hatte die Chance bekommen, das zu werden, was wir heute so lieben.

Und da ist die Geschichte vom Rosenzüchter Francis Meilland aus Frankreich, der schon vor dem Krieg im regen Austausch mit Kollegen aus Deutschland, den USA und anderen Ländern an einer neuen Rosenzüchtung arbeitete. Und während sich der Pulverdampf legte, brachte Monsieur Meilland seine Rose „Mme A. Meilland“, benannt nach seiner Mutter in den Handel, seine deutschen Kollegen dieselbe Rose als „Gloria Dei“ und die amerikanischen Kollegen tauften die Rose am Tag als die rote Armee Berlin erstürmte „Peace Rose“. Das Chaos am Ende des Krieges hatte den Informationsfluss zwischen den Züchtern gekappt und so wurde ein und dieselbe Rose in verschiedenen Ländern unter verschiedenen Namen in den Handel gebracht.[/one-half]

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