Und schon folgt der fünfte Teil
Der Harz und ich – V
Eine Geschichte, die im Wirtschaftswunder beginnt und deren Ende ich noch schreiben muss
[one-half]Vor uns lag eine schwierige Aufgabe und so machten wir uns an die Arbeit. Wir suchten ein Feriendomizil für uns und unsere Hunde und zwar in Schulenberg. Nach einigen Fehlversuchen fanden wir eine Kleinanzeige im Anzeigenportal eines bekannten Online-Auktionshauses. Alles was wir dort und auf der Homepage finden konnten, gefiel uns schon mal sehr gut. Würde man uns jetzt auch noch mit unserem gemischten Doppel willkommen heißen? Ein Telefonat später hatten wir ein „Vielleicht“ als Antwort und eine Einladung uns doch einmal vorzustellen, schließlich würden wir ja angeblich sowieso ständig im Harz unterwegs sein.
Als Abgesandte des Rudels wurden Mimi und Faye ausgewählt. Wir zogen uns anständige Sachen an, kämmten uns nochmal die Haare und brachen auf. Zwei Stunden später hatten wir die Zusage für einen Urlaub im September und tollten vor Freude über die große Wiese am Ortsrand, nur drei Gehminuten von unserem gerade angemieteten Ferienhaus entfernt. War das ein Spaß!
Die Zeit verging wie im Flug und die Vorfreude wurde immer größer. Wir nutzten noch die eine oder andere Gelegenheit, um „mal kurz“ in den Harz zu kommen und unseren Ferienort nebst Umgebung ein wenig auszukundschaften, auch wenn das Wetter manchmal nicht ganz mitspielte.
Und dann war es soweit. Wir fingen schon am Vorabend an, unsere Autos zu beladen und der Plural ist bewusst gewählt. Denn am nächsten Tag fuhren Tina und vier aus unterschiedlichen Gründen aufgeregte Hunde im Passat vorweg und mein Sportsvan wurde als Lastesel missbraucht, der Arme.
Ich kann nicht beurteilen, wie es meinen Altersgenossen geht, ich jedenfalls habe in den letzten Jahren die Lust an langen Autofahrten verloren. Die Autobahnen sind voll von testosteron-gesteuerten Idioten, für die Sicherheitsabstand ein Märchen aus Tausendundeinernacht ist und so wird aus jedem Bremsmanöver gleich ein Fast-Unfall oder ein Stau-aus-dem-Nichts. Das macht mir keinen Spaß mehr. Im Gegenteil! Schon wenige Tage vor dem Ende des Urlaubs wurde ich genervt und spätestens nach den ersten einhundert Kilometern der Rückfahrt war meine Erholung dahin.
Umso weniger kann ich verstehen, dass einige Leute, denen wir von unseren Urlaubsplänen erzählten, antworteten: „Ach so, NUR in den Harz!“. JA, richtig: Nur so wenige Kilometer, bei voller Erholung! Klasse, oder?
Und so begann unser Urlaub nicht mal eine Stunde nach der Abfahrt von zu Hause. Wir entluden einfach unsere Hunde aus Tinas Auto und unseren halben Hausrat aus dem meinen und schon konnten wir unseren ersten Spaziergang machen.
Wanderkarten braucht man heutzutage nicht mehr. Wie für alles andere auch gibt es eine App und zwar eine echt gute. Und so weiß man, wo man ist und sofern man die Route vorher geplant hat auch, wie steil es noch bergauf gehen wird und wie weit es noch ist. Außerdem gibt es eine Menge Routen von anderen Wanderern, abgespeichert und teilweise mit Zusatzinfos.
Der nächste Tag begann mit Muskelkater und einem sehr schönen Frühstück. Außer den frischen Croissants, den verschiedenen Aufstrichen und dem duftenden Cappuccino gab es noch etwas anderes, was mein Herz erfreute: Die sensationelle Aussicht.
Da das Wetter recht gut war, gaben wir dem Muskelkater eine Chance und machten eine weitere „kleine“ Wanderung. Mit Pausen und allem drum und dran schleppten wir uns nach etwa zwei Stunden völlig fertig in unser Domizil. Ein heiße Wanne half beim Ertragen der selbst zugefügten Leiden und danach wurden die restlichen Wunden mit einer weiteren Tasse Cappuccino und einem Stück Kuchen aus dem Cafe Muhs behandelt, erfolgreich.[/one-half]
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Nach solchen Qualen muss man sich ein wenig erholen, also war für den nächsten Tag „leichte Kost“ geplant. Ganz am Ende der Okertalsperre ist ein kleines Tal, mit einem Bachlauf und einem Weg ohne große Steigungen und Hindernissen. Die Sonne scheint vom Vormittag bis zum späten Nachmittag hinein und es verlaufen sich nur wenige Wanderer dorthin. Dieses Tal hat etwas ganz Besonderes, ich kann verstehen, wieso meine Eltern so viel Zeit hier verbracht haben. Auch wenn heute viele Bäume und Büsche in dem Tal wachsen und man nur noch an einigen Stellen an den Bach herankommt – es ist einfach wundervoll.
Nach so viel Ruhe brauchten wir Tags drauf wieder eine Herausforderung und so fuhren wir zu den 3 kleinen Seen, stellten dort unser Auto ab und wanderten mit unseren Hunden zurück nach Schulenberg. Das war schone eine etwas andere Wanderung und wir waren insgesamt fast fünf Stunden unterwegs. Das Schöne ist die Abwechslung zwischen Lichtungen und Wald, dann und wann ein See und einige recht eindrucksvolle Steigungen, damit man nicht vergisst: Man ist in den Bergen.
Den Rest des Urlaubs verbrachten wir mit eher „kleinen“ Spaziergägngen und so erkundeten wir zum Beispiel den oberen, zur Zeit trockenen Teil der Okertalsperre. Auch hier ist es wirklich schön. Man läuft in fast unberührten Wiesen, immer nah am Wasserlauf und so hatten die Hunde viel Spaß mit dem feuchten Element.
Dann ging unser Urlaub auch schon zu Ende und der Harz zeigte uns, dass sich hier in den Bergen auch schon im September der erste Rauhreif in einer leicht frostigen Nacht bilden kann.
Aber davon sollte man sich nicht abhalten lassen. Nur zwei Stunden später haben wir einen letzten Cappuccino getrunken und zwar auf der Terrasse, die Sonne wärmt auch die Luft schnell wieder auf. Dann machten wir uns schweren Herzens auf den Heimweg.
Dieser Urlaub hatte uns gut getan und er hatte uns verzaubert. Der Harz hat so viele Gesichter und wenn einem das Wetter nicht passt, dann wartet man halt eine Stunde und schon ist es anders. Man möchte ständig von der Terrasse oder aus dem Fenster schauen, denn mit jeder Minute verändert sich das Licht, ändert sich das Spiel der Wolken und der Farben.
Nicht auszudenken, wie schön es hier im Schnee sein muss. Wir alle wollen wiederkommen, hoffentlich bald.
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